Gewaltpräventionsprogramme gut angelaufen
Buddyprogramm - Streitschlichterprogramm - Kreisschlichtertreffen

Im hektischen Schulalltag bleiben Schüler wie Lehrer oft hinter ihrem Anspruch zurück, ein gewaltfreies und konstruktives Lernklima an Schulen zu schaffen.
Die Akademie Ehrenamt e. V., Verein zur Förderung ehrenamtlicher Arbeit im Kreis Warendorf, fördert gemeinschaftlich mit der Landvolkshochschule Freckenhorst in drei Projekten Schulen im gesamten Kreis Warendorf. Gestartet wurden die Projekte nach den Sommerferien; nun ist es an der Zeit, Halbzeitbilanz zu ziehen.

In 23 unterschiedlichen Seminaren sind bisher Schülerinnen und Schüler der Sonderschulen, wie z. B. Oelde und Warendorf, der Hauptschulen, wie z.B. in Freckenhorst und Neubeckum, und des Gymnasiums Laurentianum geschult worden. Im Vordergrund standen langfristigen Schulungen; das bedeutet, dass die Schülergruppen in größeren zeitlichen Abständen zu Seminaren kommen und sich in Fragen der Kommunikation und Meditation ausbilden lassen. Nachdem im Jahre 2000 noch in erster Linie Lehrer aller Schulformen qualifiziert worden sind, kommen seit 2001 immer mehr Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Schülern in die LVHS Freckenhorst, um in mehrtägigen Seminaren soziale Kompetenztrainings zu absolvieren. Diese Veranstaltungen werden je nach Inhalt und Umfang mit Teilnehmerbescheinigungen oder Teilnahmeurkunden zertifiziert.

Schüler, die eine der o.a. Ausbildungen absolviert haben, besitzen einen Anspruch auf eine Anlage zum Zeugnis, die Angaben über ihr ehrenamtliches Engagement in der Schule beinhaltet. Für manche Firmen, Behörden oder Banken sind im Rahmen von Bewerbungsverfahren solche Bescheinigungen fast ebenso wichtig wie ein gutes Zeugnis.

Streitschlichterausbildung im Kreis Warendorf

An der Körperbehinderten-Schule in Trägerschaft des Landschaftsverbandes Westfalen -Lippe, der Erich-Kästner-Schule in Oelde, lief im Herbst 2006 ein mehrteiliges Ausbildungsprogramm für Streitschlichter an. Besonders körperbehinderte Menschen spüren ihre eingeschränkten Möglichkeiten im täglichen Alltag, z.B. in Fußgängerzonen und im Bus. In solchen Fällen sind kommunikative Fähigkeiten und die Analyse von Konfliktsituationen eine echte Hilfe.

Nicht die Existenz von Konflikten ist das Problem, sondern der Umgang damit. Lehrer fungieren als unfreiwillige Schlichter in den Unterrichtspausen und haben nicht die Zeit, jede Auseinandersetzung auch als Chance zur Veränderung zu begreifen. Bei der Streitschlichtung wird versucht, innovative und für jede Schule geeignete Ergebnisse zu erzielen. So hat eine Sonderschule in der Regel ein anderes Streitschlichtersystem als ein Gymnasium, und auch die Konflikte unterscheiden sich von Schulform zu Schulform nicht nur vom Inhalt her, sondern auch in der Art und Weise der Lösung.

Streitschlichterausbildung bedeutet beim "Freckenhorster Ansatz", die Schüler zu selbstständiger Konfliktlösung zu befähigen. Streitende Schülerinnen und Schüler melden sich bei den ausgebildeten Streitschlichtern und lösen ihre Probleme unter sich. Dies garantiert den Lehrern einen weitgehend stressfreien Unterricht. Die Idee der Konfliktmoderation in der jeweiligen Gruppe stammt aus Amerika. Nach dem Bestseller " Familienkonferenz" von Gorden war es das Konzept von Karin Jefferys-Duden, das 1999 im Kreis Gütersloh und 2000 von der LVHS Freckenhorst aufgegriffen wurde. Zahlreiche Schulen, wie in Beckum, Neubeckum oder Warendorf, übernahmen dieses Konzept und schnitten es auf ihren individuellen schulischen Bedarf zu. Allerdings ist die Ausbildung von Schülern in Arbeitsgemeinschaften im Rahmen der normalen Stundentafel nicht immer einfach, weil die Zeit, die Räume und das Material fehlen.

Aus diesem Grunde finden in jedem Jahr so genannte Kompakttrainings statt, wie z. B. mit der Hauptschule Ostbevern. Alle Programme haben gemeinsam, dass den Schülern die Grundlagen der Konflikttheorie, die Grundregeln der Kommunikation, das Erlernen des aktiven Zuhörens, die Teamarbeit, Gesprächsregeln und der Abschluss von Friedensverträgen nahe gebracht werden. In den letzten Jahren kamen neue Ansätze der Abenteuer- und Erlebnispädagogik sowie das Rollenspiel mit Hilfe des Theaters hinzu.

Unabhängig vom Streitschlichterprogramm im Kreis Warendorf kommen Lehrerkollegien aus dem Ruhrgebiet, Schüler aus dem Sauerland oder auch von der holländischen Grenze zur Streitschlichterausbildung nach Freckenhorst. Bereits zwei Jahrespraktikanten der Katholischen Fachhochschule NRW, Christine Rauch im Jahr 2005/2006 und Jörg Menke 2006/2007, haben die Entwicklung der Ausbildung von Streitschlichtern an Schulen in den Mittelpunkt ihres studienbegleitenden Praktikums an der LVHS Freckenhorst gestellt.

Buddyausbildung ein neues Projekt

In vielen Schulen ist das Patensystem bekannt, das sicherstellen soll, dass sich die neuen Schüler und Schülerinnen der fünften Klassen möglichst gut zurechtfinden und sich schnell in der neuen Umgebung einleben. Oft sind es Schülerinnen, die in diesen Programmen arbeiten. Mit Mitteln des Landesjugendplans des Landes NRW hat die Akademie Ehrenamt e.V. nun die ersten Buddyprogramme durchgeführt.

So absolvierten 17 Schülerinnen und Schüler eine langfristige Buddyausbildung, die von den Inhalten her ähnlich wie der Erwerb eines Jugendgruppenleiterausweises aufgebaut ist. Es werden Grundlagen aus den Bereichen Pädagogik, Soziologie, Recht, Spieltheorie mit den Gruppen erarbeitet. Ein 16stündiger Erste-Hilfe-Kursus rundet diese Ausbildung ab, so dass nach dem Erreichen des 16. Lebensjahres ein offizieller Jugendgruppenleiterausweis beim Jugendamt des Kreises Warendorf beantragt werden kann. Die 17 Schüler möchten die erworbenen Kenntnisse durch den praktischen Aufbau eines Lernzentrums von Schülern für Schüler am Gymnasium Laurentianum in Warendorf in die Tat umsetzen. Erste Ergebnisse wurden beim Tag der offenen Tür der Schule vorgestellt.

Weitere Buddyprogramme sind in Kooperation mit dem Arbeitskreis der Ahlener Schulen geplant. Die Hauptschule Freckenhorst bereitet ein längerfristiges Buddyprogramm vor, und auch die Schule für Erziehungshilfe in Ahlen will in dieses Programm einsteigen. Das Buddyprogramm wird im Kreis Warendorf erstmals umgesetzt und ist angesichts der Qualität in der Ausbildung und der angestrebten Zertifizierung über den Jugendgruppenleiterausweis sehr umfassend. Um die beiden Programme zu unterscheiden, bietet es sich an, sich an den Teilnehmern zu orientieren. Streitschlichter beschäftigen sich in der Regel stets mit sich streitenden Schülern. Buddys bemühen sich um Schülergruppen, z.B. in der Pause, beim Sport, oder sie arbeiten - wie am Laurentianum in Warendorf - mit Schülern, die in einzelnen Fächern einer individuellen Förderung durch Gruppenarbeit bedürfen.

Kreisweites Streitschlichtertreffen

Letzter Schultag im Jahre 2006: Der Mittwoch, 20. Dezember, stand von 8.30 bis 15.00 Uhr in der Landvolkshochschule Freckenhorst ganz im Zeichen des kreisweiten Streitschlichtertreffens. Erklärtes Ziel: Schülern die Möglichkeit geben, an diesem Tag des Erfahrungsaustausches, aber auch des Theaterspielens teilzunehmen. Im Rahmen der Großveranstaltung mit rund 150 Teilnehmern konnten Streitschlichter aus dem gesamten Kreis Warendorf gemeinsam mit der Münsteraner Schülertheatergruppe "Cactus" Einblicke in die Kunst des Theaterspielens gewinnen. Dass ihnen diese Arbeit, die sich vormittags in Workshops vollzog, sehr viel gebracht und gleichzeitig natürlich auch sehr viel Spaß bereitet hat, zeigten die abschließenden Kurzdarbietungen vor dem Auditorium.